43 kostbare Lebensjahre…

…hat uns dieses Regime gestohlen!

Als ich vor 10 Jahren mein Label fabrari- wear the world gründete, wollte ich in erster Linie zum Ausdruck bringen, wie schön mein Heimatland Iran ist. Durch das brutale Regime stand es medial immer in einem sehr schlechten Licht und nicht besuchenswert da. Berichte waren voll mit “bösen”, verschleierten Frauen und bärtigen Männer, die Fahnen verbrennen.

Da ich aber das Land aufgrund meiner zahlreichen Familienbesuche auch immer anders erlebt hatte, nämlich in voller farbenfroher Pracht, Geschichte, Kultur, Genuß und der wundervollen Menschen, wollte ich auch die andere Seite zeigen.

Iran ist nicht nur aufgrund seiner Geschichte so prachtvoll, sondern auch aufgrund seiner Menschen. Ich wollte aufzeigen, was das wahre Iran ist.

Ich kenne kein Volk, das so eine hohe Resilienzfähigkeit besitzt. Das trotz all der Widrigkeiten, die sie im Leben zu bewältigen haben, dennoch einen so starken Lebenswillen, Lebenslust und Fröhlichkeit besitzt. Die Menschen trotzen seit über 43 Jahren dieser dunklen Macht, die sich wie ein Geschwür über das Land gelegt hat.

Mit der aktuellen Revolutionsbewegung sind bei mir traumatische Erinnerungen und eine unglaubliche Wut hochgekommen. Dieses Regime hat uns Iranerinnen und Iranern 43 Jahre unseres Lebens mit unseren Liebsten genommen.

Während ich als Kind in Wien mit Freundinnen nach der Schule spielen konnte, saßen meine Cousins und Cousinen in Kellern, während die Stadt im Iran-Irakkrieg bombardiert wurde. Wir hatten tagelang keine Verbindung, um zu erfahren, ob es ihnen gut ging. Ich verkroch mich oft unter meinem Bett, um zu weinen- ich war aus meinem Familienverbund gerissen worden.

Ich erinnere mich, dass ich damals noch in Teheran bei meinem Vater und meiner Oma war, als es hieß, die Grenzen werden aufgrund des beginnenden Krieges geschlossen. Meine Mutter und mein Bruder waren zu dem Zeitpunkt schon in Wien. Am Flughafen Teheran war mein Vater mich über die Köpfe der Menschen, einem befreundetet Piloten zu, damit ich das Land verlassen konnte.  Ich wollte nicht weg, ich wollte bei meiner Familie bleiben. In Österreich angekommen, war ich fremd. Ich ging hier zwar in die Schule, lernte schnell Deutsch und integrierte mich. Aber während meine Mitschülerinnen und Mitschüler so unbeschwert lustig waren, war ich so unendlich traurig. Ich hatte oft ein schlechtes Gewissen, in diesem schönen, friedlichen Land zu leben, während meine geliebte Familie in Angst lebte.

Später als der Krieg vorüber war, und wir unsere Familie öfter besuchen konnten, schwang eine andere Angst mit. Ich ging mit meinen Cousins und Cousinen viel aus, mir wurde von der „Sittenpolizei“ berichtet. Ich sollte aufpassen, dass mein Kopftuch nicht verrutscht, wenn wir an einem ihrer Autos vorbeifuhren. In diesen Momenten war ich oft gelähmt vor Angst. Meine Cousins und Cousinen hingegeben waren cool, denn sie hatten gelernt mit dieser Angst zu leben, Ihre Lebensfreude ließen sie sich aber nicht nehmen. Die schönsten Zeiten verbrachte ich mit ihnen gemeinsam, der Abschied war jedes Mal wie ein kleiner Tod für mich. Je näher der Tag der Abreise kam, desto mehr kämpfte ich mit meinen Tränen. Beim Verabschieden ging es mir durch Mark und Bein, ich wollte nicht weg.

Bei unserem nächsten Besuch erfuhren wir erst bei Ankunft, dass mein Großvater erkrankt wäre im Sterben liegen würde. Wir konnten ihn nur mehr zum letzten Mal begrüßen und verabschieden. Vom Tod meiner Großmütter erfuhren wir telefonisch, von ihr konnten uns gar nicht verabschieden. So vielen Großeltern und Eltern erging es ähnlich, deren Kinder und Enkelkinder nicht bei ihnen sein konnten.

Mittlerweile ist es so, dass meine Familie auf der ganzen Welt weit verstreut ist. Wir sehnen uns so sehr danach, dass wir alle im Iran wieder zusammenkommen können, aber dies erschien bis jetzt unmöglich.

Meine Geschichte ist stellvertretend nur eine von unzähligen, wie es Iranerinnen und Iranern in der Diaspora geht. Ich kann nur erahnen, wie es denen geht, die fliehen mussten, deren Familienangehörige verhört und gefoltert wurden und werden, und in Gefängnissen waren und sind. Die Namen und Gesichter derer werden nie vergessen werden, sie sind wahre Helden der Menschheit.

Dieses Regime hat uns 43 Jahre Lebenszeit mit unseren Familien genommen. Das iranische Volk ist ein friedvolles Volk, sie lieben das Leben, Kunst, Poesie, Musik & Tanz, Genuss, Mode und Lifestyle. Sie sind warmherzig, gastfreundlich, respektvoll, interessiert, intelligent und unglaublich humorvoll. Ihre Werte wurden viel zu lange getreten.

Es gibt nun endlich Hoffnung, das Land darf bald wieder in seiner vollen Schönheit und Farbenfrohheit erstrahlen.

Ich hätte es mir nie erträumen lassen, solche eine Bewegung zu Lebzeiten zu erleben. Umso mehr ist mein größter Wunsch, das Land endlich befreit zu sehen und das Regime mit Lebensfreude, Tanzen und Singen und Lachen eines Besseren zu belehren.

Meine nächste Reise wird in ein freies Iran sein, davon bin ich überzeugt. Wir werden auf den Straßen tanzen und singen und unsere Haare im Wind wehen lassen.

#zanzendegiazadi #womanlifefreedom #mahsaamini #westandtogether #revolutioniran #solidaritätmitiran

 

2 Kommentare
  1. Brigitte Hala sagte:

    Liebe Fanny , mögen alle deine Wünsche und Hoffnungen für dich und das ganze Iranische Volk in Erfüllung gehen und Freiheit und Friede zur Realität werden !
    Jetzt kann der Wechsel , dank der vielen mutigen Menschen stattfinden !!!! Eine Vision durch eine Revolution zur Realität werden !!!!

  2. Marianne Fürlinger sagte:

    Danke für die persönlichen Worte, ich fühle dadurch mit.
    Aus ganzem Herzen wünsche ich, dass der Tag bald kommt, an dem dieses unmenschliche Regime Geschichte sein wird, die Verantwortlichen ihrer gerechten Strafe zugeführt werden und du deine geliebte Heimat in Freiheit und Freude wieder besuchen wirst!
    Marianne

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